Jean-Philippe
Hagmann
Experte für radikale Innovation
Jean-Philippe Hagmann ist ein Innovator mit über 12 Jahren Innovationserfahrung und einem Background als Maschinenbau-Ingenieur ETH und Industriedesigner. Er hat über 100 Unternehmen beraten und baute vor allem in mittelgrossen Unternehmen (mit 150 bis 500 Mitarbeitenden) das strukturelle Fundament für fokussierte Innovation auf.
Seit 2019 begutachtet er bei Innosuisse als Experte Fördergesuche, damit die Fördergelder bei ebenfalls innovativen Unternehmen und Forschungseinrichtungen ankommen. Als Autor und Keynote Speaker spricht er über radikale Innovation.
CEO's und die Jäger der verlorenen Innovationen
Im Referat von Jean-Philippe Hagmann haben die Besucher des Digital B2B Forums 2023 erfahren, dass Innovation der Ausgangspunkt einer Lernreise ist. Auf dieser Reise ist es wichtig, sich auf die Suche nach kreativen Fragen zu begeben, damit neue innovative Lösungen gefunden werden können.
Q&A Jean-Philippe Hagmann
Wie gehen wir mit dem Ethik-Aspekt bei Innovationen um, wenn neue Technologien das Potenzial haben, sowohl positiven als auch negativen Einfluss zu haben?
Eigentlich hat jede Technologie das Potenzial Negatives zu bewirken. Gleichzeitig ist es für eine Innovation nicht nötig, ethisch zu sein, um Erfolg zu haben. Wenn sie von einem genug grossen Markt gewünscht wird, gleichzeitig machbar und wirtschaftlich ist, dann wird die Innovation erfolgreich. Und dies ist durchaus ein Problem. Deshalb appelliere ich an alle innovierenden Unternehmen, zusätzlich eine Ethik-Bewertung ihrer Projekte vorzunehmen.
Sind nicht alle Innovationen wie Münzen, die immer mindestens zwei Seiten haben?
Ja. Ich weiss zwar nicht, an welche zwei Seiten die fragende Person hier denkt. Aber Tatsache ist, Innovation ist voll von Paradoxien, von Dillematas. Es beginnt schon damit, dass Innovation nicht per se etwas Gutes ist. Innovation kann je nach Kontext und Sichtweise auch negativ sein. Viele Probleme unserer Zeit werden dank Innovation gelöst. Viele andere exisieren nur wegen Innovationen.
Wenn (gute) Ideen aufkommen, müssen diese dann erst als Frage formuliert werden? Oder kann das dann übersprungen werden?
Es ist ganz natürlich, dass Ideen entstehen, ohne sich vorher über die dahinterliegende Frage Gedanken gemacht zu haben. Ich empfehle dann, "Jeopardy" zu spielen. Also die beste Frage zu finden, deren Antwort diese Idee ist. Danach würde ich diese iniziale Idee testen / weiterverfolgen. Da aber die Frage nun klar ist, fällt es den Ideengebern wesentlich leichter, diese Idee zu verändern, zu verwerfen und / oder weitere Ideen zu dieser Frage zu entwickeln und testen.
Müsste die Formel zur Innovation nicht eher Multiplikation statt Addition sein?
Nun, da es sich ja nicht um eine Formel handelt, die mathematisch haltbar sein muss, ist diese Frage nicht leicht zu beantworten. In meinem ersten Buch hatte ich die Formel als Multiplikation drin. Das bedeutet dann, dass keines der Elemente den Wert 0 haben darf (also: Ohne Idee, keine Innovation. Ohne Umsetzung, keine Innovation. Ohne Kommerzialisierung, keine Innovation). Und dem würde ich zustimmen. Andererseits bedeutet die Multiplikation auch, dass eine kleine Verbesserung eines der Elemente bereits sehr grosse Konsequenzen auf das Ergebnis hat. Und hier würde ich widersprechen. Darum: Ich kann sowohl mit der Multiplikation als auch mit der Addition leben =)
Was ist Innovationstheater?
Mit dem Wort "Innovationstheater" bezeichne ich Tätigkeiten / Programme innerhalb von Unternehmen, welche den Anschein erwecken, das Unternehmen sei innovativ, sie aber als isolierte Tätigkeit keinerlei positiven Impact für mehr Innovation haben. Z.B. das Einrichten eines "Kreativraums", das Durchführen von Ideenworkshops, eine Reise des Top-Managements ins Silicon Valley, u.ä.
Steht am Anfang nicht das Problem, woraus man eine Frage formuliert?
Ja, die Frage ist selten der Startpunkt. Oft ist es tatsächlich ein relevantes Problem. Es kann aber auch eine neu entdeckte Chance (ohne Problem), ein Fokus auf eine Zielgruppe, eine Technologie, ein starkes Brandversprechen oder ein Trend sein.
Was hältst du von der "design sprint methode"? In Bezug auf Innovation oder Problemlösung?
Kurz zur Erklärung: Die "Design Sprint Methode" beschreibt im breiteren Sinn einen etwas längeren Innovationsworkshop. In der Regel dauert dieser 5 Tage am Stück. Im engeren Sinne basiert diese Methode auf dem "Design Thinking Prozess", packt diesen aber in 5 Tage. Wie bei vielen Methoden: Sie sind manchmal sinnvoll, oft aber nicht ohne Veränderungen passend. Was ich an diesem Ansatz sehr schätze, ist die Tatsache, dass sich die Teilnehmer für eine gewisse Zeit voll und ganz auf die Innovation konzentrieren. Generell bin ich aber gegenüber Workshops kritisch eingestellt. Sie erfüllen nur selten die in sie gesteckten Erwartungen.